Ein Gespräch mit Wolfgang Tillmans
Wolfgang Tillmans: Chicago ist die erste Stadt mit Wolkenkratzern?

Isa Genzken: Die Wolkenkratzer sind in Chicago entstanden – da war einmal ein Großbrand, der fast alle Häuser zerstörte – auf einmal – und dann haben die angefangen in die Höhe zu bauen. So entstanden die ersten Wolkenkratzer. Früher als in New York.

W. Tillmans: Durch die Erfindung von Fahrstühlen, oder?

I. Genzken: Ja.

W. Tillmans: Das habe ich nämlich mal gelesen. Die Firma OTIS hat die wohl erfunden, und vorher gabs deshalb einfach keine Hochhäuser. Aber Hochhäuser haben es dir schon immer angetan?

I. Genzken: Ich war mit 21 das erste Mal in New York, und so fasziniert von der Architektur und froh, dass es so etwas gibt und dass ich so etwas visuell erleben durfte, dass ich damals dachte: Hier möchte ich eigentlich leben. Denn New York hatte für mich direkt auch etwas mit Skulptur zu tun – es muss so gewesen sein. Obwohl ich mit 21 ja noch keine Bildhauerin war, sondern ich fing gerade erst an zu studieren und wusste noch gar nicht, was ich machen wollte.
New York ist eine Stadt von einer unglaublichen Stabilität und Solidität. Und dann diese Höhe der Gebäude dazu – das machte Eindruck auf mich, wie auch die Menschen, die mir immer etwas glücklicher schienen als die Deutschen auf der Straße. Als ich zurück nach Deutschland kam, hatte ich das Gefühl: Es ist eigentlich nicht so schön, womit du dich hier visuell umgibst – es ist so trist.
Und die Moderne kommt in Deutschland ja so gut wie gar nicht vor. Ja okay, es gab mal das Bauhaus und es gab dies und das, aber in der Architektur taucht die Moderne doch kaum auf. In New York kannst du moderne Architektur zuhauf sehen: In den Dreißigern gab’s das Empire State Building, dann gab’s die Twin Towers… ich meine, die Twin Towers waren doch extrem modern…
Das Schlimme ist ja hier bei der Architektur, dass wirklich alles, fast alles, im billigsten Baustil gemacht wird, im billigsten. Es wird nicht dafür gesorgt, dass die besten Materialien verwendet werden, sondern es wird immer das billigste genommen. Guck dir mal den Potsdamer Platz an, der ist wie eine Kulisse! Das ist alles so billig gemacht, das könnte auch in Köln stehen oder in Teneriffa… In New York würde so etwas niemals zugelassen, die haben einfach ein wahnsinniges Qualitätsbewusstsein.

W. Tillmans: Tja, vielleicht auch deshalb, weil die Amerikaner weniger Berührungsängste mit Wohlstand haben… Die haben doch keine Probleme, was richtig Teures zu produzieren, oder?
 
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Ein Text von Benjamin H. D. Buchloh l Ein Gespräch mit Wolfgang Tillmans
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